Bewertungen sind im Internet heute überall zu finden. Egal ob es um ein Hotel, einen Arzt, eine Dienstleistung, ein Produkt oder ein Restaurant geht, Bewertungen von anderen Nutzerinnen und Nutzern sind meist nur wenige Klicks entfern. Das gilt auch für Arbeitgeberbewertungen im Internet.
Meine Kunden in Bewerbungsprozessen fragen mich immer wieder, was ich von Arbeitgeberbewertungsportalen und den dort abgegebenen Bewertungen halte.
Was aus meiner Sicht zu beachten ist und wie sinnvoll eine Recherche im Rahmen einer Bewerbung ist, erfährst du in diesem Beitrag.
Wo finde ich Arbeitgeberbewertungen?
Für den deutschsprachigen Markt gibt es inzwischen einige Portale, auf denen du nach Bewertungen deines potenziellen zukünftigen Arbeitgebers suchen kannst.
Kununu ist seit 2007 am Start und gehört seit einigen Jahren zum XING Konglomerat. In Deutschland ist es das bekannteste Portal. Darüber hinaus ist seit 2015 auch das amerikanische Unternehmen Glassdoor in Deutschland aktiv. Auch über große Jobportale wie Stepstone oder Indeed lassen sich heute Arbeitgeberbewertungen finden.
Der Zugang zu den Bewertungen ist teilweise nicht ganz einfach zu bekommen. Während du zum Beispiel auf der Startseite von Kununu auch ohne Registrierung sofort in die Unternehmenssuche einsteigen kannst, musst du dich bei Glassdoor zunächst registrieren.
Bei Stepstone findest du die Arbeitgeberbewertungen im Menü „Meine Karriere“ und dann „Beste Arbeitgeber“.
Wie relevant sind die Bewertungen?
Das ist nach meiner Auffassung die eigentliche Gretchenfrage.
Denn hier spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle. Zum einen die Motivation des Bewertenden, dann die Rolle der Arbeitgeber auf der Plattform und schließlich die Strategie des Portals an sich.
Motivation der Bewertenden
Aus dem Marketing wissen wir, dass ein unzufriedener Kunde mit ca. 10 bis 15 anderen Personen über seine Unzufriedenheit spricht, manche sogar noch deutlich öfter. Und das meist sogar unaufgefordert.
Ein zufriedener Kunde hingegen spricht deutlich seltener über eine positive Erfahrung und das oft auch nur, wenn ausdrücklich gefragt wird.
Das lässt sich auf die Arbeitgeberbewertung übertragen. Überlege selbst, wie häufig du zu Hause oder im Freundeskreis über negative Erfahrungen an deinem Arbeitsplatz sprichst und wie oft du im Gegenzug darüber sprichst, wie toll dein Arbeitgeber ist.
Wer sich über seinen Arbeitgeber geärgert hat, vielleicht abgemahnt oder sogar entlassen wurde, hat also möglicherweise eine viel höhere Motivation, eine Bewertung abzugeben und seinem Arbeitgeber vermeintlich eins auszuwischen.
Es ist also viel wahrscheinlicher, dass du auf einer Arbeitgeberbewertungsplattform auf negative Bewertungen triffst, als auf positive.
Übrigens, warum es keine gute Idee ist, aus Rache eine schlechte Bewertung abzugeben, liest du in meinen Blogbeitrag „Lass uns über Rache reden …“
Rolle der Arbeitgeber
Zum Geschäftsmodell der Bewertungsplattformen gehört es auch, Arbeitgebern einen bezahlten Platz zur Selbstdarstellung in Form eines Unternehmensprofils zu bieten. Unternehmen die das nutzen, stellen sich hier selbstverständlich positiv dar.
Ein weiterer Aspekt ist, wie Arbeitgeber mit Bewertungen auf einer Plattform umgehen. Nicht alle Plattformen bieten Arbeitgebern allerdings die Möglichkeit, Bewertungen zu kommentieren. Wenn du dich mit Bewertungen beschäftigst, wirst du sehr wahrscheinlich auf ein breites Spektrum von Arbeitgeber treffen. Da sind zum einen die, die auf der Plattform selber gar nicht aktiv sind bis hin zu Arbeitgebern, die jede Bewertung kommentieren.
Neben der Moderation können Arbeitgeber auch anders Einfluss nehmen. Gerichtsurteile haben in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass Plattformen Daten der Urheber einer Bewertung an den bewerteten Arbeitgeber herausgeben mussten, damit diese prüfen konnten, ob eine Bewertung wirklich von Mitarbeitenden oder Bewerbenden stammt.
Und unter Umständen können Arbeitgeber auch Bewertungen auf den Plattformen löschen lassen. Auch wenn die Hürden für solche Maßnahmen hoch sind und es sicherlich wichtig ist, dass sich Arbeitgeber vor erfundenen, bewusst rufschädigenden und absolut ungerechtfertigten Bewertungen schützen können, zeigt das eben auch, dass die Informationen auf einer Plattform nicht uneingeschränkt für eine eigene Bewertung herangezogen werden können.
Strategie der Portale
Ich habe eben schon darauf hingewiesen, dass du auf Kununu sehr einfach Arbeitgeber suchen und Bewertungen für diese Arbeitgeber lesen kannst, während du dir bei Glassdoor zunächst ein Profil anlegen musst.
Um selber eine Bewertung abzugeben, musst du sowohl bei Kununu als auch bei Glassdoor oder anderen Plattformen immer erst ein Profil einrichten. Soweit nachvollziehbar.
Wenn du allerdings nur dann weiteren Zugriff auf Bewertungen bekommst, wenn du zunächst selber eine Bewertung für einen Arbeitgeber abgibst, stellt sich meiner Auffassung nach schnell die Frage, inwieweit Bewertungen dann noch ernst zu nehmen sind.
Mein Fazit
Im Ergebnis sind die Bewertungen daher aus meiner Sicht mit Vorsicht zu genießen.
Trotzdem solltest du dir einen Eindruck verschaffen. Wenn konkrete Themen immer wieder über einen längeren Zeitraum auftauchen, spricht das aus meiner Sicht schon dafür, dass an dem Thema etwas dran ist.
Wenn das Thema für dich relevant ist, kannst du es zum Beispiel im Bewerbungsgespräch ansprechen und hinterfragen. Deine weitere Entscheidung kannst du dann davon abhängig machen, wie das Unternehmen auf deine Nachfrage reagiert und welche Informationen du vor Ort zu dem Thema bekommst.
Darüber hinaus ist es aus meiner Sicht eher positiv, wenn ein Unternehmen sich mit den Bewertungen auf einer Plattform auseinandersetzt und diese kommentiert.
Hierbei muss ich allerdings aus eigener Erfahrung sagen, dass es für Arbeitgeber oft sehr schwer ist, sinnvoll auf eine Bewertung zu reagieren.
Als Personalleiter hatte ich mehrfach eine Idee, wer eine Bewertung abgegeben haben könnte. Dass die Kündigung wegen eines schweren Verstoßes gegen arbeitsvertragliche Pflichten mehr als gerechtfertigt war, kann ich aus datenschutzrechtlichen Gründen trotzdem nicht schreiben. Du siehst also meist nur eine Seite der Medaille.
Was sind Alternativen?
Wenn die Informationen auf Arbeitgeberbewertungsplattformen also nur von begrenztem Nutzen sind, stellt sich die Frage, was du alternativ tun kannst.
Wenn du bei XING oder LinkedIn bist, kannst du schauen, ob du jemanden im Zielunternehmen kennst, mit dem du direkt sprechen kannst.
Kennst du niemanden direkt, hast du vielleicht trotzdem jemanden, der dir einen Kontakt im Unternehmen vermitteln kann; die berühmten Kontakte zweiten und dritten Grades.
Bei langfristig angelegter Jobsuche kannst du auch gezielt Menschen aus dem Zielunternehmen folgen und dir so über einen längeren Zeitraum hinweg einen Eindruck verschaffen.
Manchmal lohnt es sich, die Informationen auf der Firmenhomepage mit den Informationen der Firmenprofile auf den Bewertungsplattformen abzugleichen. Du kannst so einen Eindruck gewinnen, wie aktiv das Unternehmen seine Arbeitgebermarke im Netz pflegt. Sind die Informationen überall sehr ähnlich und aktuell, spricht das eher für ein Unternehmen, welches sich aktiv mit seiner Arbeitgebermarke beschäftigt. Während gegensätzliche und verwirrende Informationen eher kritisch zu sehen sind.
Das wirksamste Mittel aus meiner Sicht: absolviere einen Probearbeitstag und mach dir selber ein Bild im Gespräch mit anderen Mitarbeitenden des Unternehmens.
Klar, das wird erst möglich sein, wenn du dich erfolgreich beworben hast und kurz vor der Vertragsunterzeichnung stehst. Vielleicht bietet dir das Unternehmen sogar von sich aus einen Schnuppertag an. Und wenn nicht, kannst du immer danach fragen.
Du möchtest mehr darüber erfahren oder deine Situation mit mir teilen?
Dann buch dir hier einen Termin für ein kostenloses Telefonat mit mir.
Gemeinsam finden wir heraus, wie du deine Ziele erreichen kannst.
Verfasst / Aktualisiert am:
14.01.2025
Bildnachweis:
Christian Brackelmanns