Warum ist Entscheiden so schwer?

Irgendwann steht sie wieder an, eine Entscheidung. Aber warum tun wir uns mit Entscheidungen eigentlich oft so schwer?

In jeder meiner Beratungen kommt der Zeitpunkt, an dem meine Klienten sich entscheiden müssen. Oft beobachte ich, dass es ihnen nicht leicht fällt, eine Entscheidung zu treffen. Und das, obwohl wir im Vorfeld in intensiver Arbeit genau auf diesen Punkt hingearbeitet haben, ja es genau das Ziel meiner Klienten ist, eine oder mehrere wegweisende Entscheidungen zu treffen.

Aber was ist das eigentlich, Entscheiden?

Dr. Gunther Schmidt, Volkswirt, Arzt und systemischer Familientherapeut hat es so erklärt.

Entscheiden können wir nur dann, wenn wir mehrere, vermeintlich gleichwertige Optionen haben. Ist eine der Optionen höherwertiger oder vom Preis her besser, ist klar welche Option wir wählen. Dann müssen wir im Grunde gar nicht entscheiden. Es braucht für eine echte Entscheidungssituation also immer mindestens zwei zunächst mal gleichwertig erscheinende Optionen.
Darüber hinaus muss die Situation so sein, dass die verschiedenen Optionen nicht gleichzeitig realisiert werden können. Sonst müsste ich nicht wählen.

Entscheiden heißt also, sich von einer oder mehreren alternativen Optionen zu verabschieden, sich von ihnen zu trennen.

Und jetzt kommt das Spannungsfeld, was für unsere Schwierigkeiten beim Entscheiden verantwortlich ist.
Jede Entscheidung bezieht sich auf die Zukunft, also auf etwas, dass mit Ungewissheit verbunden ist. Im Rahmen des Entscheidungsprozesses müssen wir Annahmen über die Zukunft treffen. Und trotz sorgfältiger Abwägung bleibt immer eine Restunsicherheit, dass sich die Entscheidung später und im Nachhinein, in der Rückschau als falsch herausstellt.

Wir sind Menschen, wir haben alle ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Grundbedürfnis nach Sicherheit und Vorhersagbarkeit. Weil es aber keine absolute Sicherheit und Vorhersagbarkeit gibt, tun wir uns mit Entscheidungen schwer. Oder anders, wenn wir absolut sicher sind, dass unsere Entscheidung zum gewünschten Ergebnis führt, haben wir keine Entscheidungsschwierigkeiten.

Oft höre ich den Satz „Ich kann mich nicht entscheiden.“

Objektiv betrachtet trifft das nicht zu, ich kann mich immer entscheiden. Sich nicht entscheiden zu können, ist die subjektive Konstruktion eines Problems. Und auch aktiv zu entscheiden, jetzt -noch nicht- zu entscheiden, ist eine Entscheidung (mit Folgen für die Zukunft).

In der Beratung können verschiedene Wege helfen, dieses subjektiv empfundene „nicht können“ zu überwinden.

Gerne stelle ich die Frage „Was brauchst Du noch, um entscheiden zu können?“

Manchmal treten dann hier Aspekte der Entscheidung zutage, die wir vorher nicht ausreichend gewürdigt haben. Eine andere Möglichkeit ist z.B. sich zu fragen, was würde wohl mein 80-jähriges Ich sagen, wenn ich mich jetzt gegen diese oder jede Option entscheide?

#mächtige Glaubenssätze

Ein weiteres Entscheidungshindernis sind oft tief verwurzelte Glaubenssätze, wie z.B. „Ich muss allen gerecht werden.“ So nachvollziehbar es auch ist, dass wir stets eine für alle gute Entscheidung treffen wollen, jede Entscheidung hat ihren Preis, eine Entscheidung ohne Preis ist keine Entscheidung. Und auch nicht zu entscheiden hat einen Preis. Manchmal sogar den höchsten Preis überhaupt.

#Hinterher ist man immer schlauer

Und dann wäre da noch das Hadern. In diesem Zusammenhang meint es Folgendes. Wir möchten mit einer Entscheidung ein gewünschtes Ergebnis erzielen. Kommt später etwas anderes heraus, geben wir uns rückblickend die Schuld, denn wir haben ja entschieden. Dann fühlen wir uns schlecht und das wollen wir nicht. Also stecken wir in einer Falle, aus der wir aber herauskommen können.
Wenn wir uns stets vergegenwärtigen, dass wir zum Zeitpunkt der Entscheidung, vor dem Hintergrund der bekannten Bedingungen und Annahmen über die Zukunft, die zu diesem Zeitpunkt beste Entscheidung getroffen haben, müssen wir uns nicht sorgen, dass wir uns später schuldig fühlen, wenn doch was anderes herausgekommen ist.
Wir dürfen uns auf die Schulter klopfen, dass wir trotz der Unsicherheit den Mut aufgebracht haben, eine Entscheidung getroffen zu haben. Denn wir haben somit auch ermöglicht, dass es weiter ging und wir etwas gelernt haben.

#Der Ja Aber Moment

Oft erlebe ich auch, dass Klienten eine Entscheidung treffen und dann wieder wanken, es kommt ein „ja, aber …“.
Hier bietet das Modell vom Inneren Team nach Schulz-von-Thun einen guten Lösungsansatz. Wir haben entschieden, und trotzdem gibt es in uns noch Stimmen, die mit der Entscheidung nicht einverstanden sind. Wer sind diese Stimmen, was wollen sie uns noch mitteilen, wovor möchten sie uns vielleicht auch bewahren? Sich das anzuschauen, kann sehr hilfreich sein.
Trotzdem kommt es vor, dass die Entscheidung weiterhin infrage gestellt wird. Hier hat Gunther Schmidt einen schönen Vergleich gebracht, den ich hier gerne vom Sinn her wiedergebe. Meist stellt sich heraus, dass im Inneren Team eine Mehrheitsentscheidung getroffen wurde, es wurden also Teile des inneren Teams überstimmt. Und da sind wir wieder bei „es allen recht machen wollen“.
Nur wie groß muss denn bei unserer inneren Abstimmung die Mehrheit sein, damit wir sicher sind, dass wir der Entscheidung trauen? In jeder Demokratie gibt es Fragen, die mit einfacher Mehrheit entschieden werden. Dann gibt es Fragen, da benötige ich eine größere Mehrheit, z.B. 2/3 der Abstimmenden müssen dafür sein. Und, wie groß muss jetzt unsere Mehrheit sein? Wollen wir Abstimmungsergebnisse wie in Scheindemokratien, Ergebnisse von 98 %?
Und es ist vollkommen normal, dass in einer Demokratie die unterlegenen Stimmen sich nach der Abstimmung erst recht lautstark zu Wort melden. Genau das ist die Aufgabe einer Opposition. Wir sollten unsere Opposition im Inneren Team durchaus wertschätzen und ihr zuhören. Aber keinesfalls verhindert sie, dass wir die Entscheidung umsetzen.

Zum guten Schluss: Manchmal macht es tatsächlich Sinn, sich noch nicht zu entscheiden. Aber das muss als aktive Entscheidung, als eine der Optionen verstanden werden. Und auch das hat – wie oben schon erwähnt – in der Regel seinen Preis.

 

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Zusammen finden wir heraus, wie ich Dich bei Deiner Entscheidung unterstützen kann.

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